Ein Interview mit Prof. Dr. Schiementz, 2017
Die Technik des Holzschneidens war zur Schaffenszeit Ludwig Rumpelhardts bereits am Aussterben. Ludwig Rumpelhardt (LR) ist einer der letzten und wenigen, der diese Technik noch so intensiv angewandt hat. In der gegenwärtigen Kunst gibt es kaum noch Holzschnitte. Renommierte zeitgenössische Holzschneider sind nicht oder kaum bekannt. Bei den gegenwärtigen Kunstakademien gibt es keine Lehraufträge für Lithographie oder Holzschnitt mehr. Da die Holzschnitttechnik sehr arbeitsintensiv bzw. aufwändig ist, ist diese heute nicht mehr „in“.
Es gibt heute viele Techniken, die schnell gehen (schnell, groß und weitflächig). Dies ist ein Trend der Zeit. LR hat mit seinen Holzschnitten einen „Meilenstein“ gesetzt. Dies weniger in seiner Motivik, die seine ganz private war. So gibt es z.B. viele Motive vom Freiburger Münster. Er hatte aber bei seinen Motiven keine politischen oder sozialen Komponenten, was heute gerne gemacht wird.
Die Art und Weise wie LR Holzschnitt betrieben hat – bezogen auf die Feinheit / Detailschärfe – kann man nicht mehr steigern.
Im Gegensatz dazu gab es die Grieshaber Holzschnitte, die ganz anders waren (ziemlich grob, riesige Flächen, z.T. auch mit der Maschine konstruiert und sehr plakativ). Die feinen Details dagegen zeichnen die Holzschnitte von LR aus, insbesondere auch wie er in seinen Arbeiten Licht und Schatten genau nachgegangen ist. Er hat damit realistische Holzschnittmöglichkeiten geschaffen, obwohl der Widerstand vom Holz eigentlich dem Realismus widerspricht. LR hat Hartholz verwendet – dieses lässt feinste Linien zu. In diesem Bereich des Holzschneidens ist er einmalig. Er wollte einen präzisen Schnitt erzeugen. Vermutlich ist LR der letzte gewesen, der diese Technik angewandt hat.
Der Wert für die jüngere Generation liegt weniger in der Motivik, die vermutlich vielen eher fern ist. Jedoch ist es möglich beim Betrachter ein Interesse für diese spezielle Technik bzw. das Verfahren des Holzschnitts zu wecken (wie wird aus einem Stück Holz letzten Endes ein Bild). Druckstöcke, die klassischen Schneidewerkzeuge, die Farbwalze etc. sollten dabei präsentiert bzw. verwendet werden.
Das Holzschneiden hat mit Dürer begonnen und endete mit Rumpelhardt
d.h. hier geht eine mehrere Jahrhunderte andauernde Technik bzw. Tradition zu Ende.
Der Holzschnitt war zunächst eine merkantile Angelegenheit. Begonnen hat der Holzschnitt als Vervielfältigungsmöglichkeit. Dürer hat damit seine Schriften verbreitet. Die künstlerische Seite des Holzschnitts entstand erst in der Romantik, in der es sehr viele Holzschnitte gab.
Die Malerei von LR ist ebenfalls sehr präzise – sozusagen „holzschnitthaft“. In seiner Jugendzeit war der Impressionismus modern, er hat ihn aber nicht so interessiert. Vielmehr betont er auch in seinen Gemälden die Linie sehr stark. Es geht in seinen Bildern nie um die Auflösung des Motivs. Er bleibt konkret und die Linie ist wie beim Holzschnitt ein ganz wesentliches Element in all seinen Bildern. Das Auflösen lag ihm nicht und war von ihm auch nicht gewollt.
In den 1950er Jahren war es die gegenstandslose Malerei (ganz abstrakt), die modern war. In den 1970er Jahren war das detailgetreue Abbilden dann völlig „out“. Im Laufe der Zeit hielt der Realismus wieder mehr Einzug in die Malerei, trotzdem war es keine realistische Malerei mehr, denn der Auflösung der Form kam ein großes Gewicht zu. Heutzutage gibt es wieder realistische Malereien (z.B. Leipziger Schule), aber die Mehrheit malt absolut unrealistisch, was jedoch nicht abstrakt bedeutet, sondern nicht mehr naturalistisch.
LR blieb seiner Malerei treu, ließ aber in seinem Unterricht an der Hochschule auch zu, dass künstlerisch anders gemalt bzw. gestaltet wurde.
Neben der künstlerisch kreativen Komponente war die Kunstgeschichte (insbesondere romanische und gotische Architektur) an der Hochschule ein Schwerpunkt seiner Lehre an der Hochschule, die auch in sein künstlerisches Schaffen eingeflossen ist. Die Moderne interessierte ihn weniger.
Publikation
Architektur im Kunstunterricht, aufgezeigt an einer Begegnung mit der christlichen Basilika.
In Welt der Schule, Ehrenwirth Verlag München, 26. Jahrgang, Mai 1973, S. 161 bis 175
Ludwig Rumpelhardt . Architektur im Kunstunterricht . 1973
Herr Prof. Dr. Schiementz war Fachkollege Prof. Ludwig Rumpelhardts an der Pädagogischen Hochschule (P.H.) in Karlsruhe. Beide schätzten sich als Mensch sehr.
* Aus dem Interview mit Prof. Dr. W. Schiementz, Rastatt, 19.10.2017, Autor Michael Freitag